hausgeburt

 

 

Endlich klappt die Niederkunft so, wie Lilly es sich wünscht- zuhause in Ruhe. Sie hat endlich, über zehn Tage nach dem berechneten Geburtstermin, den richtigen Song zu ihrem Kind gefunden, nach dem sie so lange gesucht hat. Zufällig hörte sie in einem Disney-Film mit einem wilden Hengst - von Brian Addams "Here I am.". Am Geburtstermin legte sie noch ihre Diplomprüfung bei Dr. Perner ab.

 

 

 "Jetzt kannst du kommen.", denkt sich Lilly vor dem Wochenende im Dezember, wo Schnee auf dem großen Hauptplatz unter dem runden Erker ihrer Wohnung über der ´Alten Welt´ auf den Pflastersteinen, Straße und Hausdächern liegt und die Hüttchen vom hübsch beleuchteten Adventmarkt vorweihnachtliche Stimmung verbreiten, während die helle Kirche am Pöstlingberg wie immer Richtung Norden den Blick fängt. "Schnitzel für alle.", Lilly serviert Abendessen und räumt ab, wo dann der rote Alcantara Marmor vor den Kühlfächern plötzlich nass ist. Sie ruft die Hebamme an: Susi - 5000 Geburten hat sie schon miterlebt.

 

 

Mit viel Glück hört sie Lilly auch und macht sich vom verschneiten Landort auf den Weg, trudelt etwa um 22 Uhr ein. "Wetten daß,..." läuft an diesem Samstag Abend im Kinderzimmer. Eigentlich will Lilly nicht in die Badewanne, aber wie es dann so ist, in Extremsituationen knickt immer eine ein - nämlich ihre Hebamme. Sie hält sich nicht daran, was vereinbart wurde. Lilly hüpft dann wieder raus, um herum zu gehen, damit das Baby Druck nach unten bekommt und ist sich sicher, ihr nächstes Kind bekommt sie ganz alleine.

 

 

Lilly improvisiert nun mit den Beinen, weil ja kein Gebärstuhl vorhanden ist, zeigt sich der Junge in seiner vollen Pracht, wird auf ihren Bauch gelegt - da in den 4-Meter-hohen Räumen unter ihrer sonnengelben, 5-teiligen-Acryl-Bilderreihe, die über dem stoffbezogenen Doppelbett mit hohem Kopfteil hängt, in dem er auch schon die letzten neun Monate geschlafen hat.

 

 

Nach dem finalen Schrei bei der letzten Presswehe guckt Christina zur Doppeltür rein. Mit 3500 Kilogramm, 50 Zentimetern und einem kurzen Schrei beim Funktionstest, wo die Hebamme meint: "Das wir mal ein ganz Rassiger." beweist er seine Lebendigkeit. Um etwa ein Uhr beginnt die Hebamme aufzuräumen und verabschiedet sich bis zum Kontrolltermin in einer Woche.

 

 

So viele Glückwunschkarten hat sie noch bei niemand bekommen. Ihre ganze Studiengruppe mit denen sie die letzten drei Jahre verbracht hat tanzt an und die Familie kommt regelmäßig zu Besuch. Der Junge wird nun von seiner Mama und drei Schwestern getragen, gefüttert, bespaßt und gebadet.

 

 

Etwas größer bringt er vor laufender Kamera Lilly Blumen in den Zuschauerraum, die eigentlich für die Aunty im Englischen Kindergarten gedacht sind, verkauft seine Zeichnungen auf der Straße und räumt alles schnell weg, wenn Polizei durchfährt, tanzt alleine auf der Bühne als sein Trainer ausfällt, wo die anderen sich nicht vor das Publikum trauen, gewinnt bei einer Tanzshow, absolviert die ersten Fechtstunden mit Bravour.