Saphir-Ring in der Tüte

 

 

Als Lilly noch ganz am Beginn ihrer Ehe steht und ihr erstes Mädchen zur Welt gebracht hat, wird sie mit diesem zum Mittelpunkt der Familie - alles dreht sich um den kleinen Lockenkopf mit den großen, braun-grünen Augen, den sie seit Wochen in den Armen trägt. Es ist ein entzückendes, aber anhängliches Baby und will nur von Lilly getragen werden, sie stillt und kommt kaum mehr aus der Wohnung, die im Zentrum am Stadtplatz liegt.

 

 

Sie sieht morgens bei Sonnenaufgang ihren Traummann, den sie sehr spontan und zu Recht geheiratet hat, über den gepflasterten, historischen Platz zum Firmenwagen gehen und zur Arbeit fahren. Er ist tüchtig, kräftig, mental ein Fels, macht was aus seinem Leben, ist Frühaufsteher und sein Tag als Selbständiger vollgepackt mit Aufträgen.

 

 

Die schönsten Momente sind diese, wo man sich in der Wohnung frei bewegen kann, weil das Kind neben dem metergroßen Bären mit Herzen am Bauch, noch selig schläft. Der Tag vergeht schnell mit Baby stillen, tragen, spielen, baden, ankleiden, süße Fotos machen, kleine Filmchen drehen und Spazierrunden mit dem meerblauen Kinderwagen durch den Park und die Stadt, vorbei am Reisebüro, wo ihre hübsche Freundin arbeitet und wieder zurück mit einer Türe voll Magazine aus dem Buchladen im Arkadenhof unter ihrer Wohnung.

 

 

Sie nimmt sich noch drei verschiedene Winteroveralls für ihr entzückendes Baby zum Probieren mit in die Wohnung, weil die neu im Kindermoden-Geschäft eingetroffen sind. Dann ist die 2,5 Stunden Satt-Phase des Mini-Me auch schon wieder vorbei und wenn die ersten Armbewegungen im Wagen zu sehen sind, hat Lilly zu tun, diesen im Gang abzustellen, mit dem gut eingepackten Kind in den zweiten Stock zu kommen, beide halbwegs von Jacke und Schuhe zu entledigen und den Füttervorgang einzuleiten, bevor das Geschrei losgeht.

 

 

Anfangs notiert sie sich diese genau, weil sie denkt, dann einen Überblick zu haben. Es klingelt an der Tür und Lilly freut sich über Besuch - ihre Schwester und die Oma kommen die Treppen hoch und nehmen am großen, schwarzen Esszimmertisch Platz, der mit dem herrschaftlich wirkenden schwarz-weißen Bodenbelag im Vorraum, der sich bis ins Bad zieht, von dem ein Fenster in den inneren Arkadenhof sieht und ihr Mann mit extrem, beißendem Lack die Badewanne und das Waschbecken mit glänzender, schwarzer Farbe gepimpt hat. Nun sieht es da oben aus wie in einem Schlösschen.

 

 

Als ihr Traummann nach Hause kommt, bringt er, wie immer etwas zum Essen mit und auch eine Tüte mit Süßem - diesmal zwei extragroße Schaumrollen mit Schokoladenguß, die Lilly gleich ihrer Schwester in die Hand drückt, als sich diese verabschiedet. Er läuft dieser aber bis zur Treppe. "Diesmal nicht.". Er bringt Lilly die Tüte wieder - die Schwester geht. Lilly wundert sich.

 

 

"Schau rein.". Sie entdeckt ein kleines Schmuckkästchen, in dem sich ein breiter, goldener Ring mit blauen Saphiren zwischen Billanten befindet und innen eingraviert steht das Geburtsdatum der gemeinsamen Tochter.